Als ich zum ersten Mal von einem Unternehmen, das mit mir kooperieren wollte, als "Social Media Influencer" bezeichnet wurde, ist's mir kalt über den Rücken gelaufen. Ein "Beeinflusser" zu sein, Leute dazu bringen, dass sie etwas kaufen - das wollte ich nun wirklich nicht sein.

Viel mehr ging und geht es mir auch heute noch um Inspiration, um zu zeigen, dass man nicht immer große finanzielle Mittel aufbringen muss, um etwas Schönes zu schaffen. Dieser Blog ist nicht dazu da, Menschen dazu zu bringen, dass sie unbedingt etwas haben wollen, das sie sich nicht leisten können, er soll auch in keinster Weise belehrend oder mahnend sein.

Er widmet sich den schönen Dingen des Lebens, geht aber nicht in die Tiefe meines eigenen Lebens. Ich werde hier bewusst nie politisch, obwohl ich mich sehr dafür interessiere, hier erfährt man auch fast nichts über mein Privatleben und hier werden auch keine Probleme gewälzt. Diese Dinge bespreche ich im Freundes- und Familienkreis. Für diese Themen gibt es viele andere Blogs, und das ist auch gut so.

Hier wird man also nie ein unaufgeräumtes Zimmer sehen, nie ein krankes Kind oder ein Selfie, wo ich gerade Kopfweh habe. Das heißt aber nicht, dass es diese Momente in unserem Leben nicht gibt - es heißt lediglich, dass ich sie nicht mit der ganzen Welt teilen möchte, da dieser Blog eine Plattform für andere Dinge ist.

Und dennoch haben wir als Familie kürzlich einen privaten Entschluss gefasst, den ich gerne mit euch teilen möchte, den ich auch teilen muss, denn er bestimmt auch maßgeblich die zukünftige Richtung, in die unser Blog WOHN:PROJEKT geht.


Quelle: @fash_rev


Vor nicht allzu langer Zeit hab ich beim Zappen ein Bild von einer düsteren asiatischen Schneiderei gesehen, in der an die 20 Kinder an Nähmaschinen saßen. Dieses Bild hat sich eingebrannt und obwohl ich dieses unangenehme Thema bisher immer beiseite geschoben habe, hab ich mir zu diesem Zeitpunkt zum ersten Mal ernsthaft die Frage gestellt, ob wir als Familie so weiter machen wollen?! Wir achten seit vielen Jahren sehr auf unsere Ernährung, kaufen ausschließlich bio. Unserem eigenen Körper und auch den Tieren und unserem Erdboden zuliebe. Seit wir auf bio umgestellt haben, wird viel weniger weggeworfen, das Essen wird bei uns wieder viel mehr geschätzt.
Gleichzeitig aber kaufen wir in regelmäßigen Abständen bei Billig-Modeketten und leben im absoluten Kleidungsüberfluss. Ich ertappe mich dabei, wie ich Emmi den 20. Rock kaufe, einfach nur weil er süß ist, oder Leona die zehnte Jeans bekommt, nur weil der Schnitt ein bisserl anders ist, oder ich mir das 15. weiße Basic-Shirt kaufe, weil es doch eh so billig ist.

Über dem verschwenderischen Aspekt steht aber hier noch der moralische. Ich frage mich: Will ich, dass meine Kinder Kleidung tragen, die von Kindern unter unmenschlichen Bedingungen gefertigt wird? Will ich, dass diese Kinder dafür auf ihre Kindheit und Schulbildung verzichten müssen, weil sie sieben Tage die Woche 15 Stunden am Tag in einer Fabrik arbeiten und bedenkliche Inhaltsstoffe einatmen müssen, nur damit unser Kaufdrang gestillt wird? Will ich darüber hinaus, dass meine Kinder, auf deren Ernährung ich ja so besonders achte, schadstoffbelastete Kleidung aus nicht nachvollziehbarer Produktion tragen? Will ich Kunde eines Modelabels sein, das nicht weiß, was in seinen Produktionsstätten täglich abläuft, das nicht weiß, ob Kinder beschäftigt werden? NEIN, das will ich nicht.
Als ich meine Gedankten einer Freundin erzählt habe, hat sie gemeint "Aber wenn die Kinder nicht arbeiten, dann haben die Familien nichts mehr zu essen". Das stimmt natürlich bedingt. In einigen Gegenden der Welt haben Kinder - oft in bäuerlichen Verhältnissen - unter Kinderarbeit nicht zu leiden. Hier geht es darum, dass die Kinder lernen, sich an der Ernte und am elterlichen Betrieb zu beteiligen. Wichtig ist nur, dass genügend Zeit für die Schulbildung bleibt. Dem gegenübergestellt gibt es aber die ausbeuterische Kinderarbeit. Die, wo Kinder wie Sklaven behandelt werden. "Diese Formen der Sklaverei betreffen nicht nur Kinder, sondern sind überall da anzutreffen, wo materielle Not die Menschen dazu zwingt, jede auch noch so schlechte Form der Erwerbsarbeit anzunehmen. Daher könne ausbeuterische Kinderarbeit nur dann wirksam verhindert werden, wenn der ausbeuterischen Arbeit generell der Kampf angesagt wird" (Quelle [klick]). Und genau da können wir als einzelner was bewirken. Wenn ein großes Umdenken stattfindet, muss die Industrie reagieren und das Lohnniveau soweit angehoben werden, damit ausschließlich die Eltern fürs Familieneinkommen zuständig sind.
Natürlich schlägt sich das dann auch auf die Preise für den Endverbraucher nieder. Ich entscheide mich also, ob ich mir ein T-Shirt vom Discounter (Achtung: oft sind es aber auch unglaublich teure Labels) kaufe und damit das Risiko eingehe, dass es unter unmenschlichen Bedingungen produziert wurde oder ob ich mich informiere und dort einkaufe, wo ich weiß, dass es strikte Richtlinien gibt und fair produziert wird. Dasselbe gilt natürlich auch für die Brachen Deko, Spielzeug, Elektroartikel uvm.

Ich will natürlich weiterhin nicht auf Style und moderne Deko verzichten. Online hab ich schon einige Shops gefunden, die beweisen, dass man nicht plötzlich komplett klischeehaft - in Filz mit weiten Schnitten und "peppigen" Farben - daher kommen muss ;-) Avocado Store [klick], Armed Angels [klick] oder Hess Natur [klick] zum Beispiel machen's vor. Auch Second Hand ist eine Möglichkeit. Für weitere Tipps bin ich natürlich dankbar :-)

Bevor ich die Entscheidung gefällt habe, einen nachhaltigeren Fußabdruck zu hinterlassen, hab ich natürlich mit meiner Familie gesprochen. Hier ist das Thema gleich auf offene Ohren gestoßen und sogar Leona, die mit ihren zwölf Jahren gerade am Beginn des Teenager-Daseins steht, ist sich dieser Problematik bewusst und bereit, zukünftig weniger konsumorientiert zu denken. Das finde ich echt bemerkenswert ♥

Hier [klick] findet man übrigens eine Übersicht, wie Firmen und Marken mit dem Thema "Kinderarbeit" umgehen - die Liste ist nicht nur auf den Bekleidungssektor reduziert. Auf dieser Website hab ich beispielsweise erfahren, dass 80 Prozent aller Barbiekleider von Kindern genäht werden (Quelle: CNN)!

Das große Umdenken muss also in ganz vielen Bereichen des Lebens stattfinden. Ich seh es allerdings auch als Chance, sich wieder mehr auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren, Güter zu schätzen und uns von Konsum und Ballast zu befreien.

So, und um jetzt den Bogen zum Beginn meines Beitrags zu schließen: Wenn ich in dieser Hinsicht "Influencer" sein kann, dann ist es mir mehr als recht ;-) und wenn ich von den 60 000 Menschen, die monatlich auf meinen Blog klicken auch nur einen erreicht habe, der sein Konsumverhalten überdenkt und positiv handelt, dann war es dieser Beitrag wert.

Was heißt das für WOHN:PROJEKT? Ich werde in Zukunft meine Kooperationspartner noch viel genauer unter die Lupe nehmen und nur noch Dinge zeigen, die meiner Nachhaltigkeitsauffassung entsprechen. Ich bin gespannt, wie mir das gelingen wird und wohin uns die Reise unter diesem Aspekt führt.

Angeregt zu diesem Umdenken hat mich übrigens mitunter Corinna vom Blog "Kissen und Karma" [klick]. Vielen Dank dafür! Sie berichtet in erster Linie über faire Mode. Diesen Artikel über Bio-Baumwolle möchte ich euch - zum Einstieg - besonders ans Herz legen [klick].


Wie steht ihr zu diesem Thema? Habt ihr es - so wie ich - bisher auch ausgeblendet? Oder geht ihr damit schon länger bewusster um? Ich würde mich über eure Gedanken, Anregungen & Fragen freuen!

Lieben Gruß
Lisa